Das anschließende Frühstück ist eine Augenweide – für jeden von uns etwas dabei.
Um 10:30 Uhr ist meine Einzelsitzung mit Marion. Aufgrund der extremen beruflichen Anforderungen stehe ich kurz vor dem Burnout. Alles, was sie anleitet und mit mir ausprobiert, kann ich mühelos mitmachen. Sie hilft mir ins „alignment„ zu kommen, d.h. mich mehr aufzurichten, das Brustbein mehr nach vorne kommen zu lassen, die Schultern in die Weite, den Hals hinten lang, die Sitzknochen etwas aufeinander zu gehend – und schon merke ich, dass ich mein Becken spüre, bzw. dass es vorher wie „weg“ war! „Aus dem Becken steigt die Kraft auf. Wenn das Brustbein nach vorne kommt, stärken wir unser Selbstbewusstsein“. Die Arbeit mit ihr ist humorvoll und spielerisch. Wir bringen nun auch die Wirbelsäule ins Bewusstsein, um mehr „Rückgrat zu haben“. Da wo ich mich besonders zusammengezogen habe, summt sie über ihre leicht aufliegende Hand ins Gewebe, um die „innewohnende Pulsation“ wieder zu aktivieren. Ich fühle neue Kräfte in mir aufsteigen.
Nach einigen Übungen lege ich mich immer wieder zum Nickerchen hin, gemütlich eingewickelt in eine Decke. „So kann der Körper am leichtesten lernen“, meint Marion,
„Wir gehen im Zapchen davon aus, dass der Körper Bewussheit ist und dass die Subsysteme des Körpers auch unmittelbar ansprechbar sind“. Sie probiert es bei mir an einer Blinddarmwunde aus meiner Kindheit, die mitgewachsen ist, die mich immer behindert hat, weil ich mich „schief“ fühlte, als ob ich eine „blinde“ Stelle hätte. In nur wenigen Minuten kommt wieder Leben rein, was ich kaum glauben kann. Der Körper kennt offenbar keine Zeit! Als ich aufstehe, bin ich „gerade“! Na, ob das so bleibt?
Über Mittag wandere ich mit einem Picknick zum Kloster Rosenthal und verweile dann lange in dem zum Himmel offenen Kirchenschiff und schaue den kleinen Wölkchen zu, wie sie darüber hinwegfliegen. Rosenduft erfüllt die Luft. Ich schließe die Augen und spiele mit der Silbe „Ah“, der Ton der Öffnung, wie ich es heute morgen lernte. Ich probiere es in verschiedenen Höhenlagen aus aaaaah… aaaaah. Da ist niemand anderes an diesem verwunschenen Ort, so dass ich mich erlaube mit voller Stimme zu tönen. Ein paar Vögel antworten mir. Später, auf die Bank ausgestreckt, stellt sich unverhofft ein weiteres Nickerchen ein.
Oh, meine Massage darf ich nicht vergessen! Wieder folge ich der Jakobsmuschel, die Stauf und Rosenthal miteinander verbindet.
In dem Esszimmer, in das die Küche integriert ist, kann man sich Bio-Tees aufbrühen, aber ich habe mehr Lust, mir einen Cappucino zu ziehen.
Gerlinde beginnt an meinen Füßen. Ich merke gleich, dass sie nicht einfach massiert! Es ist als legten sich meine Füße in ihre Hände: „Mehr mehr!“ Eine Stunde lang darf ich mich ihr anvertrauen. Als ich dann in dem lichten Raum nachspüre, ist es, als ob die liebevollen geschickten Hände immer noch da seien. Ich bin – wenn man da so sagen kann – nicht nur am Körper berührt. Ich kann mich in diese Geborgenheit sinken und meinen Alltag hinter mir lassen. Es steigt Dankbarkeit in mir auf…
Zum Abendessen hat Irina uns in ihrer mütterlichen Art einen Eintopf bereitet aus frischem Biogemüse – viel zu viel! Mit Clara geniesse ich davon mehr als ich gedacht hätte, während Peter sein Fastensüppchen löffelt und ab heute schweigen möchte. Es reist eine Seminargruppe an. Ich bin froh, dass wir in einem extra Trakt wohnen und uns mit dem Essen in den hinteren Raum zurückziehen können. Was für ein Segen, dass es diesen ungewöhnliche Art der Auszeit gibt, in der ich stündlich mehr ins „Wohl-Sein“ gleite, „Embodying Well-Being“. Wie es wohl weitergehen wird?